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„Infertilität“ (= Unfruchtbarkeit)

In einer Zeit, in der sich nicht nur Politiker Sorgen um die ökonomischen Auswirkungen einer immer älter werdenden Bevölkerung bei gleichzeitig ständig sinkenden Kinderzahlen machen, nimmt zu allem Unglück selbst bei den Paaren, die sich dringend ein Kind wünschen, die Fähigkeit, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, langsam aber stetig ab.

Die Gründe sind komplex, die Ursachen liegen nicht nur in dem bekannten Phänomen, dass in unserer Gesellschaft der Wunsch, an den eigenen Nachwuchs zu denken, auf immer spätere Lebensalter verschoben wird. Und mit zunehmendem Alter der potentiellen Mutter – aber auch des potentiellen Vaters – nimmt die Zeugungsfähigkeit auf natürliche Weise ab. Vielfältige medizinische wie psychische Faktoren sind von Bedeutung, aber auch problematische Umwelteinflüsse spielen nach Meinung zahlreicher Wissenschaftler eine zunehmende Rolle.

War in vergangenen Jahrzehnten die Vorstellung weit verbreitet, Kinderlosigkeit sei in erster Linie ursächlich auf die Unfruchtbarkeit der Frau zurückzuführen, so weiß man heute, dass Männer zu immerhin einem Drittel für die Kinderlosigkeit verantwortlich sind, mit steigender Tendenz.

Die Medizin hat nun in den letzten beiden Jahrzehnten Ansätze entwickelt, Paaren mit Kinderwunsch, die zur Zeugung eines gesunden Kindes nicht spontan in der Lage sind, dann, wenn konservative Methoden nicht zum gewünschten Ziel führen, mit modernen „high-tech“ Methoden Hilfestellung zu leisten, also bei der Reproduktion zu helfen („assistierte Reproduktion“). Von zunächst rein wissenschaftlichen Forschungen abgeleitet haben sich Verfahren entwickeln lassen, die Behinderungen der normalen physiologischen Abläufe bei der Zeugung neuen Lebens auf den verschiedenen funktionellen Stufen zu beseitigen. Von der gezielten Stimulation der Eizellreifung im Ovar oder der Spermienreifung im Hoden durch Hormongaben reicht heute das breite Spektrum der Möglichkeiten in spezialisierten Zentren bis zur Injektion isolierter Spermien direkt in die dem Ovar durch Punktion entnommene Eizelle (im „Reagenzglas“ = „in vitro“).

Die Erfolgsaussichten haben sich dabei ständig verbessert, heute lässt sich auf viele Jahre praktischer Erfahrungen aufbauen. Nicht nur die Quote erreichter Schwangerschaften steht jetzt im Mittelpunkt der medizinischen Bemühungen sondern die Etablierung einer gesunden Einlings-Schwangerschaft mit dem Ergebnis der Geburt eines gesunden Kindes.

Hier sind die Ergebnisse in ausgewiesenen Zentren mit entsprechend langjähriger Erfahrung der dort tätigen Expertengruppen aus Reproduktionsmedizinern und Zellbiologen sehr ermutigend.

Legt man nur einmal die ökonomischen – und damit politischen – Konsequenzen der ständig sinkenden Geburtenrate zugrunde, so muß erstaunen, dass in einer Zeit, in der jedes einzelne Kind mehr als je zuvor nicht nur von seinen Eltern sondern von der ganzen Gesellschaft höchst erwünscht ist, in der auf vielfältige Weise Eltern, die bereits Kinder haben, materiell geholfen werden soll, ausgerechnet den Paaren, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, eher eine angemessene Hilfe dabei verweigert wird. Natürlich lässt sich darüber streiten, ob ein unerfüllter Kinderwunsch per definitionem stets als gesundheitliche Störung, also als „Krankheit“ zu betrachten ist und damit die Kosten einer Fertilisationsbehandlung mit in-vitro Methoden den Krankenkassen aufgebürdet werden können. Doch diese Abgrenzungs- und Definitionsgefechte sind angesichts der Gesamtproblematik wohl müßig. Etliche Fachleute, auch solche aus den zuständigen Ministerien, sind da eher geneigt, diese Kosten als Gemeinschaftsaufgabe zu sehen und wären wohl bereit, „wenn nur alle mitmachten“, diese Beträge – wie etwa das Kindergeld – aus Steuermitteln zu decken.

Wie immer man es auch betrachtet, es scheint dringend geboten, hier aktiv zu werden. Denn gerade die Bevölkerungsgruppen, die besonders lange (meist akademische) Ausbildungen durchlaufen und durch berufliche Entwicklungen und Zwänge ein höheres Alter erreichen, bevor sie verantwortlich an Nachwuchs denken können, sind von Infertilität und daraus folgender Kinderlosigkeit besonders betroffen. Und gerade diesen Personen bei einem bisher unerfüllten Kinderwunsch auch durch Kostenersatz nachdrücklich zu helfen, könnte sich selbst bei ganz „cooler“ Rechnung langfristig als ganz besonders wertvoll auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland erweisen, in dem nach allgemeiner Auffassung hochqualifizierter Nachwuchs für das Prosperieren in Zukunft unabdingbar ist.